Zwischen Beton und Beeten

alexander-schmid-2-foto-hellstern-stadt-stuttgartAlexander Schmid in einem Hof in der Forststraße: Auch hier belebt Urban-Gardening das Stadtgrau. © Foto: Hellstern, Stadt Stuttgart

Dezemberfrost. Klirrend kalt sind die Nächte. Die Blumen und Kräuter in den Pflanzfässern ziehen sich zurück und wärmen sich an den Erinnerungen an einen aufregenden Sommer, in dem das Traubenplätzle zum ersten Mal blühte. Dass es dazu kommen konnte, ist neben Reinhard Möhrle, dem Bezirksvorsteher des Stuttgarter Westens, auch Alexander Schmid zu verdanken. Der Urban-Gardening-Beauftragte half mit praktischen Tipps, vermittelte Kontakte zu den Ämtern der Stadt und erstattete die Hälfte der Kosten. Annik Aicher, Mitinitiatorin des Traubenplätzles, hat Alexander Schmid ein paar Fragen gestellt.

Annik Aicher: Warum und seit wann gibt es in Stuttgart einen Urban-Gardening-Beauftragten?

Alexander Schmid: Seit Juni 2014 bin ich Koordinator für Urbanes Gärtnern und das kommunale Grünprogramm für Hof-, Dach- und Fassadenbegrünung in Stuttgart. Im Juni 2016 ist meine Kollegin Larissa Eißler dazu gekommen. Wir beide haben je eine 50-Prozent-Stelle im Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung. Es gab viele Anfragen von Initiativgruppen, die gemeinschaftlich in Stuttgart gärtnern wollten. Der Gemeinderat hat darauf reagiert. Es sollte auch ein neues Grünprogramm aufgelegt werden. Beide Themenbereiche sind spannende Aspekte für eine Stadt mit Zukunft!

Was hat Sie an der Stelle gereizt?

Die Verbindung zwischen kreativen Bürgerinnen und Bürgern und der Stadtverwaltung zu schaffen. Es sind Themen, die uns in Zukunft meiner Meinung nach noch mehr beschäftigen werden. Für mich als Landschaftsarchitekten sind die Räume zwischen den Gebäuden die interessantesten, weil die Menschen hier Zugang haben. Hier kann wirklich was verändert und bewegt werden.

Haben Sie viele Kolleginnen und Kollegen im Ländle?

Leider noch nicht. Wobei aber viele Stadtverwaltungen bei uns zum Thema Urbanes Gärtnern um Rat fragen.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Ganz unterschiedlich, kein Tag ist wie der andere. Das macht das Arbeiten auch so interessant. Wir bearbeiten alle Fragen von den Initiativgruppen, suchen nach Flächen, beraten zum Haftungsschutz, veranstalten Gartenwerkstätten sowie Workshops, helfen bei Planung und Umsetzung und übernehmen so gut es geht die Ämterläufe.

Mit welchen Projekten kann man sich an Sie wenden?

Mit urbanen Gemeinschaftsgärten und Hof-, Dach- und Fassadenbegrünungen.

Wie viele Projekte hat die Stadt bis jetzt gefördert?

2014 sind wir mit zwölf urbanen Gärten in Stuttgart gestartet. Mittlerweile haben wir 35 urbane Gärten mit Anbauflächen von 20 bis 2000 Quadratmetern Anbauflächen. Rund die Hälfte der Projekte haben Anträge gestellt und werden von der Stadt mit zweckgebundenen Zuschüssen gefördert. Beim Gärtnern haben wir die Möglichkeit, dass die Herstellung sowie in den Folgejahren der Erhalt und Betrieb gefördert wird. Initiativgruppen können also jährlich eine Förderung beantragen.

Wie viel Geld haben Gruppen und Initiativen dabei bekommen?

Was sich mehr und mehr zeigt, ist, dass die Gruppen sehr kreative Lösungen realisieren. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass viel Geld verwendet wird. Wichtig ist ein Ansprechpartner bei der Verwaltung. Natürlich sind Zuschüsse auch wichtig, hier werden meist niedrige drei- bis vierstellige Beträge nachgefragt.

Was hat Sie am Konzept des Traubenplätzles überzeugt?

Der Genius Loci, also die Besonderheit des Ortes, wurde durch den Bezug zur Nachbarschaft und dem Weinbau stark in die Planung und Realisierung einbezogen. Es ist ein zentraler Begegnungs- und Aktionsort für die Nachbarschaft entstanden. Es ist schön zu sehen, wie motiviert die Initiatorinnen sind. Auch kleine Rückschläge werden überwunden und es geht weiter. Herausragend finde ich die Aktionen mit Gesang und Lesungen, zusammen mit „Maries gute Stube“ – eine runde Sache mit viel Engagement im Quartier am Hölderlinplatz.